Schlechtwetterwitze, zwei Glücksfälle & ein bisschen Live-Pause

Ok, neues Jahr & schon länger nichts mehr geschrieben hier, also wie anfangen? Vielleicht mit einer kurzen Passage aus meines Kumpels Wiglaf Drostes manchmal genial-boshaft-komischer Feder, in diesem Fall anlässlich Guido Westerwelles Dreikönigstagsrede, die auch ich live in der Glotze gesehen hatte (konnte einfach nicht abschalten) – allein schon, weil´s so lustig ist. Überschrift: „Guido Westerwelle spricht sich in Stuttgart um Restkopf und Kragen“. Dann die ersten 2 Sätze: „Wenn man Guido Westerwelle sprechen hört und sieht, möchte man immer gleich die Eltern sprechen. Meine Güte, was für Unfähige haben denn den zusammenerzogen? (…)“.
Und was wäre gegen die mediale Dauerpräsenz z.B. so einer Westerwelle – besonders bei schlechtem Wetter – eine bessere Medizin als ein einfach langsam von tief unten heraufsteigendes Lachen? Steht schon irgendwo bei Aristoteles, wenn ich mich nicht irre. So, und jetzt möglichst schnell wieder weg von Politik bzw. den Anfang hätten wir.

Nee, noch was: das Rio-Reiser-Haus in Fresenhagen ist ja verkauft worden, für etwa ne halbe Million, hab ich gehört, & jetzt kommt da eine Art Jugendprojekt rein. Dazu gibt es 2 verschiedene Versionen: nämlich die der Erben (Rios Brüder) & die der Scherben (Rios Band). Letztere werfen den Erben Ausverkauf & Misswirtschaft vor, & diese wiederum antworten damit, dass von jenen – was Fresenhagen betrifft – ja auch nichts wirklich Konstruktives gekommen sei. So in etwa jedenfalls.
Was jedoch nur der Anfang ist; denn je weiter man sich da reinbegibt, desto widersprüchlicher bzw. haarsträubender wird´s, ein Wespennest quasi gegenseitiger Beschuldigungen & Gegenbeschuldigungen. Und teilweisem Wieder-Versöhnens und dann doch auch wieder nicht. Undsoweiter. Und ich will hier gar nicht erst anfangen, mich noch weiter da reinzuverbeißen, denn das würde ein Buch werden, und die Zeit hab ich nicht.
Fand die Vertreter beider Seiten teilweise sehr sympathisch, aber was nützt das? Obwohl zweifellos die Kohle jetzt bei den Erben ist, aber nichtsdestotrotz auch selbst taz & jungleworld deren Ausführungen gefolgt sind, zumindest was den Hausverkauf betrifft („finanziell nicht mehr tragbar“). Und außer undeutlichem Geraune (z.B. -http://fresenhagenwatch.blogspot.com/2011_01_30_archive.html – wo nichtmal klar wird, wer das eigentlich geschrieben hat) gab´s von der Gegenseite dazu jedenfalls bisher nichts Nennenswertes, was ich in den Weiten des Internets z.B. gefunden hätte. Aber wer weiß, vielleicht kommt ja noch was. Was wiederum bis auf weiteres heißt: abwarten. Shitsky (polnische Variante des ansonsten bekannten amerikanischen Slangwortes).

Ansonsten sind im Moment fast alle um mich rum am facebooken, & ich komm eigentlich nichtmal mit meinen mails, meiner homepage oder myspace nach. Geb zu, dass ich mit sowas grundsätzlich immer ein bisschen hintendran (bzw. faul bzw. ein bisschen mitteilungsscheu) bin, aber darum geht´s ja vielleicht auch gar nicht. Und wenn z.B. Sascha Lobo aber auch genau dieses besinnungslose Dauergebrabbel per se zum Nonplusultra erklärt, dann kann ich dem nur entgegenhalten, dass Quantität & Qualität noch immer zwei sehr verschiedene Dinge sind bzw. die von ihm so gerühmte Schwarmintelligenz auch durchaus die von Piranhas sein kann. Und an diesem Facebook/Stasi Witz, den man gerade so herumerzählt, könnte auch was dran sein (Frage: “Wie nannte man Facebook bis vor etwa 21 Jahren?“ – Antwort: „Stasi.“) – Denn solche sog. Facebookrevolutionen wie die am Nil gerade könnten auch sehr leicht in ihr Gegenteil umkippen, d.h. dass all diese Informationen, die jetzt nun mal unwiderruflich im Netz stehen, später eventuell auch für ganz andere Dinge benutzt werden könnten… das ist überhaupt noch nicht entschieden. Besonders, wenn am Ende eine gewisse Muslim-Bruderschaft den Laden übernehmen sollte, siehe Iran 79´. Und wir wissen, dass die vor eineinhalb Jahren ihre Massenverhaftungen zum Teil einfach via Facebook vornehmen konnten. (Mist, schon wieder Politik).

Ansonsten war ich für den Großteil des letzten Jahres – & jetzt kommen wir zu etwas sehr viel Netterem – ziemlich high (schlechter Übergang, merk ich gerade, aber egal). Der Hauptgrund dafür hieß Annett Louisan, für die ich etwa 13 neue Songs schrob & auch demomäßig aufnahm, und einige davon enthalten Stilemente, auf die ich ohne sie nicht so ohne weiteres gekommen wäre. Und ein bisschen Glück kam dann auch noch dazu (braucht man manchmal beim Schreiben). Und seltsamerweise funktionieren die teilweise auch mit meiner Stimme. Bei manchen Leuten, die man so trifft, funkt halt irgendwas. Naja, äh… was heißt hier ´funkt`? -
Merkwürdige Begebenheit: im Oktober waren wir in Hamburg verabredet, ich bin ein bisschen spät dran, ruf sie schließlich an, „bin jetzt im Hotel“ & so, sie sagt „ok, ich hol dich in sieben Minuten ab“, dann steh ich da vor dem Hotel, die Stofftüte mit all meinen Texten für sie in der Hand, zünde mir ne Zigarette an & warte. Seh sie schließlich die Straße runterkommen & bemerke gleichzeitig einen irgendwie seltsamen Geruch. Dann gehen wir aufeinander zu, & kurz vor Begrüßung sagt sie: „Übrigens, deine Tasche brennt.“ – Ich schau runter & tatsächlich: äh… lass alles sofort fallen & trete hektisch die Flammen aus (scheiß-Zigarettenasche). Es hat die oberen Ränder der Blätter ein bisschen erwischt… aber wenn angekokelte deutsche Chanson-lyrics kein gutes Omen sind, was dann? Wir lachen. Ziemlich.
Jedenfalls kommt das Album jetzt Anfang März raus.

Beschäftigte mich im Zuge meiner Schreiberei auch immer wieder mal mit französischen Chansons, u.a. Edith Piaf. Die Leute nannten sie „den Spatz von Paris.“ Analog dazu ist La Louisan für mich en peu der “Kolibri von der Elbe”. Denn an der Elbe ist sie aufgewachsen, hält sich seitdem vorwiegend in Hamburg & Berlin auf, die beide mit diesem Fluss zu tun haben (Havel mündet in Elbe), der im übrigen dazu neigt, hier & da über die Ufer zu treten. Und Kolibris sind sehr klein & schnell & paradiesvogelhübsch, ernähren sich fast ausschließlich von Blütennektar & ihre natürlichen Feinde sind Schlangen. Und ungefähr analog wiederum dazu wüsste ich niemanden von unseren (deutschsprachigen & nicht unbedingt selbst-schreibenden) Musik-Prominenten, für den/die ich lieber gearbeitet hätte als für sie. Einer der (meiner Erfahrung nach) sehr seltenen Glücksfälle, bei denen Neigung & Geld ausnahmsweise zufällig mal zusammenfallen. Wie schön das alles also, „spirituell wie finanziell“ (Kinky Friedman).

Ein weiterer ähnlicher Glücksfall ist auch Axel Prahl, den ich als Schauspieler eh bewunderte (& fast mehr noch als für die Münsteraner Tatortreihe für Filme wie „Willenbrook“ oder das Roadmovie „Der Schimmelreiter“), und der jetzt die Produktion bzw. teilweise Schreiberei seiner ersten CD als Sänger erstmal in meine sublimen Händchen gelegt hat. Völlig andere Herangehensweise, denn das ist alles sehr direkt, und da steht der sprachliche Inhalt teilweise meilenweit über der Form (z.B. Reimen). Und was für eine Stimme, die sich da in den letzten Tagen so langsam herausschält! Außerdem soll ein Symphonieorchester mit dabei sein, auch das eine Herausforderung, denn sowas hab ich noch nie gemacht („Lernen, lernen, popernen“ – H. Schneider), und meine Ambition bestünde darin, das nicht so enden zu lassen wie dieses typisch-übliche Rockband-mit-Orchester-als-Soße-Scheinkonzept (wo´s meistens darum geht, dass möglichst ein Zweihundertdreiundsiebzig-Leute-Orchester sowieso nur an eh schon fertigen Bandarrangements kaum hörbar entlangsirupt bzw. Hauptsache, das Ganze sieht irgendwie nach der ganz großen Nummer bzw. die Cellistin sexy aus, wobei ich natürlich überhaupt nichts gegen sexy aussehende Cellistinnen habe, nur: könnte man dann den Rest nicht einfach weglassen?), sondern im Gegenteil: das Orchester als integraler Bestandteil einer kleinen Band oder umgekehrt. Was auch wiederum teilweise mit französischen oder italienischen Chansons zu tun haben wird, aber nicht nur. Wird aber alles noch ein bisschen dauern (maybe Herbst).

Womit wir auch bereits bei dem Grund wären, aus dem ich mich in der ersten Hälfte dieses Jahres live sehr zurückhalten bzw. nur das Allernötigste tun werde, wenn überhaupt. Fühlt sich gut an, sich wieder mal mit anderen zu beschäftigen, keine Ahnung, vielleicht bin ich ja als Frontsau auch nicht geboren, bin mir nicht sicher. Jedenfalls reichte es trotz meiner 54-Jährigkeit bisher noch immer nicht so ganz, meinen Künstlerallerwertesten damit wirklich über Wasser zu kriegen. Geschweige denn den meiner Mitmusiker (bzw. die… äh… aber glücklicherweise haben auch alle genügend andere Jobs, um nicht darauf angewiesen zu sein). Was natürlich andererseits auch nichts heißen muss (das ist mir schon sehr klar!), aber vielleicht sollte man irgendwann mal damit anfangen, auch ein bisschen praktisch zu denken. Ich meine, ich muss nicht unbedingt vorne stehen, solange das, womit ich mich beschäftige (& entsprechende Lebenszeit verbringe), halbwegs meinen Geschmackskriterien oder meiner Vision von Musik/Text/Stimme entspricht. Muss auch nicht unbedingt nur meine Stimme sein, obwohl ich die leider mittlerweile ziemlich gut finde.

Aber vielleicht sind all die CDs & Liveauftritte ja auch erstmal durch eine Art Überdruck entstanden in Ermangelung an Leuten, die zumindest einem Minimum meiner Vorstellungen hätten entsprechen können oder wollen. Und selbst das wäre ja völlig legitim, und wo (außer bei den A&Rs großer Plattenfirmen) steht eigentlich geschrieben, dass jemand, der nun mal ein gewisses Talent für diese Art von Musik hat, fast schon ein Exhibitionist sein muss, um seinen Beruf nicht zu verfehlen? Nee, muss überhaupt nicht, denn an solchen Erwartungshaltungen gingen nicht zuletzt Leute wie Nick Drake kaputt, & allein schon deshalb ist das ein Scheißdreck. Ich meine, weil´s so schade ist, dass man wegen sowas nicht mehr von dem gehört hat. Es gibt halt auch – sagen wir – introvertiertere Gestalten, & mir scheint es überhaupt nicht abwegig, dass auch die zu interessanten Ergebnissen kommen können. Vielleicht sogar gerade die, solang´s nicht gerade gespielte Introvertiertheit ist. Und ich will hier auch keinen Club der Sensiblen aufmachen, aber ich brauch auch keinen Scheiß-Coach, wie mir das manche seltsame Existenzen von Zeit zu Zeit nahelegen. Denn weder sind wir hier bei einer Werbeagentur, noch hatte ich je das Bedürfnis, meine Konzerte zu einer Art power-point-Präsentation zu machen. Wir haben´s hier mit Menschen zu tun, die gefälligst & bitteschön einfach möglichst natürlich sein bzw. sich Dingen hingeben sollten, die sie möglichst am liebsten tun & demzufolge (hoffentlich) auch ziemlich gut können. Das ist alles, was ich verlange, das seh ich als mein Grundrecht an, & das ist weder arrogant noch sonst irgendwie schräg, sondern im Gegenteil vielleicht sogar die einzige schöne Chance, die man hat, und gerade die Bühne ist ein Ort, der – aber eben fast immer nur zufällig – wunderbare & überraschende Dinge freilegen kann, und jedem, der mir was anderes zu erzählen versucht, von jetzt & bis in alle Ewigkeit ein herzliches: fuck off! Amen.

Und ich bin auch gerne Teil von etwas anderem, solang es nichts ist, wobei sich einem schon von weitem die Zehnägel krümmen. Und meine Ansprüche sind nunmal ein bisschen eigen oder mit einem vergleichsweise empfindlichen Sinn für Peinlichkeiten versehen. Und es gibt so viele Faktoren im sog. Musikgeschäft, die störend oder entmutigend sein können (ja sogar ziemlich viele, wenn nicht sogar manchmal erschlagend viele), und dagegengesetzt hätte ich dann in o.g. Fall einfach ein paar Jahre lang & in komplett sog. selbstausbeuterischem Alleingang das, was ich mit Unpeinlichkeit z.B. konkret meinte. Was sich dann im Laufe der Zeit irgendwie verselbstständigte. Und offensichtlich findet man auch Echos, mit denen man so nicht gerechnet hätte… & die ich jetzt erstmal ein bisschen ausloten will. Man „schreyt“ halt „in den Wald“ (Johann Peter Hebel oder sowas) & weiß nie, wer (& vor allem wann ) darauf antworten wird. Und der dabei wirkende Mechanismus scheint der zu sein, dass es unter solchen Umständen ganz unbedingt Leute oder Dinge sein werden, die einem auch selbst mindestens sympathisch sind. Was andererseits natürlich auch schon immer so passiert ist, aber eben bisher nicht bei derartig hohen, äh… kommerziellen Hausnummern. Im Grunde also eigentlich alles sehr einfach. Oder sagen wir: ich hoffe einfach mal, dass es so ist.

Epilog: weitere eigene Auftritte also erst (dafür aber definitiv & verstärkt) ab Herbst wieder. Das nächste Album dann ein bisschen später. Und bis dahin bleibt ja immer noch der kommende Gig im Quasimodo am 18.02., immerhin 15-jähriges Band-Jubiläum, ist doch auch was.

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