Oktober

Ich glaub nicht, dass es irgendwen gab, der mit dem Sound purer elektrischer Gitarren so halsbrecherisch umgehen konnte wie Lou Reed (nichtmal Neil Young). Denke hier gerade vor allem an die Phase von “New York, New York”, eine meiner Lieblingsplatten überhaupt, die ich gefühlte 2000 Mal gehört haben muss (plus 1 Konzert), das war nun wirklich sagenhaft, diese verzerrten Reibungen der einfachsten Akkorde (und NUR diesen), auf denen er herumritt wie auf einem wildgewordenen Güterzug oder einer herrenlos dahinrasenden New Yorker U-Bahn, sämtliche roten Ampeln überfahrend und jeden Augenblick in Gefahr, aus den Gleisen zu springen. Tat sie aber nicht, weil Lou Reed stark oder geschickt genug schien, sie so gerade eben noch auf Kurs zu halten, so hört sich das an. Und dann diese stoische Stimme dazu & dieser knapp über die Köpfe der hintersten Zuschauer-Reihe in irgendein Nichts gerichtete Blick, und was er da sagt oder singt, ist überhaupt nicht schön, und es reimt sich auch nicht, sondern ist schlicht nur etwas, das jetzt gefälligst vielleicht mal gesagt gehört, wenn man schon so einer ist, der ab und zu mal wirklich was klar gestellt haben möchte bzw. einer entsprechenden Sprache & Geste fähig (zu welchen Sujets auch immer, und derer  gab es EINIGE). Und dann glaubt man ihm auch “You gotta fly fly away on that dirty Boulevard.” – Glaubt es nicht nur, sondern ist sogar heilfroh, dass einer wie er sich zu solchen Zeilen aufraffen konnte. Und ist ihm sehr dankbar dafür.
Letztes Jahr um dieselbe Zeit Nils Koppruch (der sein ganzes Leben lang nun wirklich NICHTS falsch gemacht hatte) und jetzt Lou Reed: reicht das jetzt vielleicht mal wieder für ne Weile?